Mit Vollgas auf der Überholspur – und dann plötzlich: Stillstand. Die meisten Top-Mangerinnen und -Manager verlieren mindestens einmal in ihrer Karriere ihren Job. McDonald´s-Konzernchef Steve Easterbrook wurde wegen einer Affäre entlassen. Travis Kalanick, CEO des Fahrdienstleisters Uber, musste den Hut nehmen. Zuletzt wurde Jennifer Morgan an der Spitze von Europas größtem Softwarehersteller SAP gekündigt.
So erging es auch meinem Klienten, Mitte 50, 2 Kinder, Geschäftsführer in einem MDAX-Unternehmen. „Ich bin raus“, sagte der hochgewachsene, schlanke Mann mit sympathischem Lächeln, als er ins Coaching kam. „Ich fühle mich wie ausgespuckt.“
Was kommt nach dem Jobverlust?
Die Liste der Jobverluste auf den höchsten Managementebenen ist lang. Die Gründe sind vielfältig: Grobe Fehler, Machtkämpfe, extremer Leistungsdruck in Zeiten von Globalisierung, Digitalisierung und immer neuen Change Prozessen.
Dazu kommt aktuell die Corona-Krise, unter der die Wirtschaft weltweit leidet. Jedem fünften deutschen Unternehmen droht laut einer aktuellen Studie des Münchner ifo-Instituts die Insolvenz. In solchen Zeiten nimmt die Anzahl an Top-Stellen ab, der Konkurrenzdruck steigt. Die viel beschworene dünne Luft in den Chefetagen wird noch dünner.
Was also tun, wenn eine Top-Führungskraft gehen muss? Für die meisten liegt die Antwort auf der Hand: So schnell wie möglich wieder eine Spitzenposition erobern, sich zurückkämpfen auf die Erfolgsspur.
Nicht so mein Klient. Er erkannte: Im straff getakteten Leben eines Spitzenmanagers bietet sich nur selten die Gelegenheit, aus dem Tunnel der 100-Stunden-Wochen herauszutreten. Der Ex-MDAX-Geschäftsführer sah in der unfreiwilligen Auszeit eine Chance. Er fragte sich: „Wo will ich hin? Was ist mir wirklich wichtig? Was macht für mich Sinn?“ Kurz: Was ist eigentlich meine persönliche Vision?
Die Persönliche Vision – das eigene große Ganze
Die Personal Vision ist das große Ganze, das Big Picture in allen Bereichen des Lebens. Vision wird oft mit Zielen verwechselt. Geld, Noten, Beförderung, das Idealgewicht, die Bestzeit beim Sport – das sind Ziele. Sie fragen nach dem Was.
Die Vision hingegen ist die Antwort auf das Warum. Warum tue ich, was ich tue? Was will ich im Leben bewirken? Welche Spuren hinterlassen? Wer außer mir hat noch etwas davon? Bei der Personal Vision geht es um Klarheit und um Sinn.
An der eigenen Personal Vision zu arbeiten, sie greifbar zu machen und möglichst konkret zu formulieren, ist – nicht nur im Top-Management – deshalb so zentral, weil wir alle wichtigen Entscheidungen an ihr ausrichten können. Unsere Vision ist wie ein Leuchtturm, der uns auch unter widrigen Bedingungen den Weg weist.
Eine kraftvolle persönliche Vision schenkt uns Richtung und Fokus, innere Stärke und den Mut, um sichere Entscheidungen zu treffen und diese authentisch und überzeugend zu kommunizieren. Im Privatleben und im Unternehmen.
Die persönliche Vision in der beruflichen Praxis
Helmut Schmidt sagte einmal: „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.“ Nichts gegen den Altbundeskanzler. Aber das Gegenteil ist heute der Fall. Im Top-Management zählt Vision zu den zentralen Führungskompetenzen. Umbruch und Wandel prägen die Wirtschaft weltweit. Um erfolgreich zu agieren und am Ball zu bleiben, braucht es Richtungsgeber, Entscheiderinnen und Anführer, die ihr Unternehmen mit einer starken Vision auf die Zukunft ausrichten.
Außergewöhnlich erfolgreiche Unternehmerinnen und Unternehmer wie Elon Musk, Oprah Winfrey oder Mark Zuckerberg machen es vor. Und auch zahlreiche angestellte Managerinnen und Manager in Deutschland prägen mit ihrer Personal Vision erfolgreich ihr Unternehmen. Zum Beispiel Michael Otto. Der langjährige Vorstands- und derzeitige Aufsichtsratsvorsitzende der Otto Group richtete den Unternehmensfokus schon früh nach seiner persönlichen Vision aus: eine CO2-neutrale Wirtschaft.
Aktuelle Studien zeigen klar: Menschen, die ihrer Vision folgen, schöpfen Kraft und Motivation von innen. Sie sind nicht nur gesünder, sie gehen auch mit deutlich mehr Leichtigkeit und Freude und sehr viel erfolgreicher durchs Leben.
Kraft von innen heraus tanken
Welches Potential steckt in einer kraftvollen persönlichen Vision? In den 1990ern – damals war ich noch Journalist und berichtete aus Krisen- und Kriegsgebieten – traf ich Nelson Mandela in Südafrika und fragte ihn, was ihm unter dem Apartheid-Regime die Kraft gegeben hatte, 27 Jahre lang im Gefängnis durchzuhalten.
Mandela lächelte und sagte: „Die Gewissheit, dass Schwarze und Weiße in Südafrika eines Tages nebeneinander im Bus sitzen dürfen.“ Eine Gesellschaft mit gleichen Chancen für alle – für diese Vision kämpfte Mandela, bis die Apartheid in Südafrika besiegt war.
Für mich bedeutet das: Eine starke Personal Vision setzt gewaltige geistige und emotionale Kräfte frei. Wer hingegen seine Vision nicht kennt, kann sein Ziel schwer finden. Wer kein Ziel vor Augen hat, findet keinen Weg. Und wer keinem Weg folgt, fühlt sich innerlich hin- und hergerissen oder sogar blockiert und kann andere nur sehr schwer führen. Das gilt ganz besonders für Entscheiderinnen und Entscheider an den großen Hebeln unserer Gesellschaft.
Geht Führen nicht auch ohne Vision? Sicher. Die Frage ist nur, wie es sich anfühlt. Charismatisch, kraftvoll, intensiv, erfüllt? Prima. Doch nach Tausenden von Coaching-Stunden weiß ich: Das Leben vieler Top-Executives sieht von außen betrachtet oft sehr gut aus. Ihr Einkommen stimmt, sie sind erfolgreich und werden bewundert. Doch innerlich fühlen sich viele „wie verirrt“, „gelähmt“, „im falschen Film“.
Sie fragen sich: „Warum mache ich das? Was soll das alles? Was will ich wirklich?“ Die einen hören es ungern, andere bestehen darauf: Top-Managerinnen und -Manager sind eben auch nur Menschen.
Die persönliche Vision erarbeiten
Speziell für diese Menschen – für Executives, Unternehmerinnen und Unternehmer und Selbständige – habe ich das Vision Canvas® entwickelt. In dieser strukturierten Begleitung entwickeln meine Klientinnen und Klienten in kompakten Einzelsessions über einen Zeitraum von drei Monaten alles, was sie für eine starke Personal Vision brauchen.
Schritt für Schritt gewinnen sie unter anderem einen klaren Blick auf ihre aktuelle Situation, ihre wichtigsten Werte, ihre Stärken und Fähigkeiten und alles, wofür sie brennen. Auch ein stabiles und balanciertes Vision Mindset ist Bestandteil des Vision Canvas®. In einem Personal Mission Statement wird die Vision am Ende konkret formuliert, damit sie ihre volle Schubkraft entfalten kann.
Das Vision Canvas® hat sich sehr bewährt, wenn es darum geht, die richtigen Weichen für das weitere berufliche und private Leben zu stellen. Wenn Vorstände, Geschäftsführer, Unternehmerinnen oder Senior Executives damit ihre Personal Vision entwickeln, gibt es oft echte Gänsehaut-Momente, moments of truth, in denen sie eine große Klarheit über sich selbst und ihr Leben gewinnen.
Die persönliche Vision: Ein Leuchtturm für unser Tun
„Das ist es!“, rief mein Klient, der Ex-Geschäftsführer des MDAX-Unternehmens aus. Er wirkte wie verwandelt. Seine Augen leuchteten, sein Rücken richtete sich auf, er sprühte vor Energie, als er seine Vision plastisch vor sich sah: ein Leben mit seiner Familie in Asien, sowohl beruflich weiter durchstarten als auch sich selbst und das Leben spüren. „Genauso – damit ist alles rund!“
Viele meiner Klientinnen und Klienten führt ihre Personal Vision zurück in eine Spitzenposition. Andere auf den Gipfel eines Achttausenders oder auf ein Weingut am Comer See. Wieder andere finden ganz neue Herausforderungen abseits der bisherigen Karriere. In der Politik oder als Roman-Autor. Oder sie streben nach höheren Freiheitsgraden und gründen ihr eigenes Unternehmen.
Meinem Klienten fiel es mit seiner Personal Vision leicht, ein wirklich attraktives berufliches Zielbild zu entwickeln,interessante Branchen und potenzielle Firmen zu identifizieren. Seine Vision lebt er heute authentisch – als Geschäftsführer eines renommierten Technologie-Unternehmens in Singapur.
Was lange unmöglich erschien, wurde mit seiner Personal Vision möglich. Oder wie Mahatma Ghandi sagte: „It´s not the man that makes the vision, it´s the vision that makes the man.”
Tipp von Michael Obert: Personal Vision im Selbstcoaching entwickeln
Wenn Sie selbst einmal versuchen möchten, sich Ihrer Personal Vision anzunähern, empfehle ich Ihnen diese drei Schritte:
- Fragen Sie sich in Bezug auf Ihre Lebensbereiche – Beruf, Gesundheit, Finanzen, Lebensumgebung – was Ihr Best Case wäre.
- Stellen Sie sich vor, dass Ihr Best Case nur die erste von zehn Treppen ist.
- Gehen Sie gedanklich bis auf Treppe 10, denken Sie groß und Sie sind Ihrer Personal Vision ein Stück näher.
Dieser Beitrag stammt von unserem WEITBLICK Coach Michael Obert. Mehr zu seiner Person und seinem fachlichen Hintergrund finden Sie hier.
Reden wir über Ihre persönliche Vision!
Lassen Sie uns gemeinsam an Ihrer Vision arbeiten. Schreiben Sie uns oder rufen Sie einfach an. Gemeinsam finden wir Ihren ganz persönlichen Leuchtturm.